Schütteltrauma
Was ist ein Schütteltrauma?
Unter einem Schütteltrauma versteht man das ruckartige und heftige Schütteln eines (in der Regel) kleinen Kindes, wobei der Kopf des Kindes auf Grund der noch relativ schwachen Nackenmuskulatur nach hinten und vorne schlägt, ähnlich einem Schleudertrauma beim Autofahren.
Dieses abrupte Beschleunigen und Abbremsen der Bewegung führt charakteristischerweise zu Blutungen innerhalb des Gehirns oder zwischen der harten Hirnhaut und dem Gehirn sowie zu Blutungen im Bereiche der Netzhaut des Auges.
Welche Symptome und Folgen hat ein Schütteltrauma?
Die Hauptsymptome des durch ein Schütteltrauma geschädigten Säuglings sind cerebrale Krampfanfälle, eine Einschränkung des Bewusstseins sowie Störungen der Atmung, meist in Form von Atempausen. Etwa ein Viertel der Kinder sterben an den Folgen des Schütteltraumas. Bei den Überlebenden muss mit einer hohen Wahrscheinlichkeit mit Langzeitschäden in Form einer cerebralen Lähmung, einer Einschränkung des Sehvermögens bis zur Blindheit, mit Epilepsie oder geistiger Behinderung gerechnet werden.
Bis in welches Alter ist das Schütteln lebensgefährlich?
Ein sehr heftiges Schütteln ist grundsätzlich in jedem Lebensalter gefährlich. Da Säuglinge im Vergleich zu ihrem Körper einen relativ grossen Kopf
und – wie erwähnt – eine schwächere Nackenmuskulatur haben, sind typischerweise Kinder im ersten Lebensjahr betroffen mit einem Durchschnittsalter von etwa 5 Monaten.
Wie viele Babys und Kleinkinder wurden im letzten Jahr auf diese Weise misshandelt?
Im Jahre 2005 wurden an den schweizerischen Kinderkliniken gesamthaft
15 Kinder mit einem Schütteltrauma erfasst. Dazu kommen noch höchstwahrscheinlich einzelne Kinder, die auf Grund eines Schütteltrauma
sofort verstarben und entsprechend nie in einer Kinderklinik behandelt worden waren.
Was sollten Eltern tun, die ihr Baby geschüttelt haben?
Ein nur leichtes Schütteln eines Säuglings hat in der Regel zum Glück keine negativen Folgen. Wenn Eltern jedoch an diesen Punkt kommen, sollten sie unbedingt fachliche Hilfe (siehe unten) in Anspruch nehmen, bevor die Situation in einem nächsten Fall möglicherweise eskaliert.
Warum schütteln Ihrer Meinung nach Eltern ihre Babys?
Das Schütteln eines Menschen als Ausdruck von Ärger und Aggression ist ein leicht nachzuvollziehender Impuls, dies widerspiegelt auch der Ausdruck „ich könnte ihn schütteln“. Meistens kommen bei diesen Tätern Belastungsfaktoren aus verschiedenen Bereichen zusammen, bei Zunahme der Spannung kann es zu Überforderung kommen, die bei mangelnder Impulskontrolle in ein Schütteln des Säuglings ausmünden kann.
Waren Eltern die ihr Baby geschüttelt haben nicht über das Schütteltrauma aufgeklärt? Oder haben sie ihr Baby geschüttelt obwohl sie über die Gefahr Bescheid wussten, quasi weil ihnen
die Sicherungen durchgebrannt sind?
In der Tat wissen viele Eltern und selbst auch Fachpersonen zu wenig Bescheid über die Gefährlichkeit des Schüttelns mit den möglichen schlimmen Folgen, während zum Beispiel Schläge auf den Kopf und Stürze mit Anschlagen des Kopfes als viel gefährlicher wahrgenommen werden. Der Verlust der Impulskontrolle auf Grund einer hohen nervlichen Anspannung im Sinne von „Durchbrennen der Sicherungen“ ist jedoch auch ein wichtiger zusätzlicher Erklärungsfaktor.
Melden sich bei Ihnen Eltern, die mit den Kindern beziehungsweise Säuglingen überfordert sind? Kann man sich
an Ihre oder eine gleichgestellte Institution wenden, wenn man merkt, dass man Hilfe braucht?
Bei uns melden sich immer wieder Eltern, die mit ihren Säuglingen überfordert sind, vor allem wenn das unstillbare Schreien die Eltern zur Verzweiflung und um den Schlaf bringt. Gelegentlich melden sich auch Eltern und geben sogar an, dass sie befürchten, dass sie ihre aggressiven Impulse in diesen Belastungssituationen allenfalls nicht mehr unter Kontrolle haben könnten. In diesen Situationen bieten wir den Familien grosszügig an, die Kinder kurzzeitig zu hospitalisieren um den Eltern auch wieder eine gewisse Möglichkeit zur Entspannung zu bieten.
Was raten Sie überlasteten Eltern?
Nehmen Sie die frühzeitig fachliche Hilfe in Anspruch, dies kann bei ihrem Kinderarzt, bei der Mütter- und Väterberatung oder auch bei einer Erziehungsberatungsstelle sein. Scheuen Sie sich nicht zu Ihrer Überforderung oder zu allfälligen aggressiven Gedanken Ihrem Kind gegenüber zu stehen und dies den Fachleuten mitzuteilen.
Die Fragen wurden durch Dr. M. Wopmann beantwortet, Leiter der Kinderschutzgruppe an der Kinderklinik Baden.
Quellen/Links
Kinderschutzgruppe der Kinderklinik Baden
Tel.: 056 486 37 05 (24h bedient)
Link zur Site der Kinderschutzgruppe des Kantonsspitals Baden